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21.03.2022

Die Branche braucht verantwortungsvolles EMS-Training!

Die Branche braucht verantwortungsvolles EMS-Training!

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Ein Kommentar von Claus Umbach und Florian Weiß

Die EMS-Branche steht an einem Scheideweg Ihrer Entwicklung. In den Vorjahren ist der EMS-Markt sehr stark gewachsen. Immer mehr EMS-Studios wurden eröffnet und auch viele bestehende Fitness- und Gesundheitsstudios nahmen das EMS-Training in ihr Portfolio auf. Erstmals hat der Gesetzgeber nun aber in der Branche stark durchgegriffen, um einen Qualitätsstandard bei den Übungsleitern zu etablieren. Dies ist ein Fingerzeig des Gesetzgebers an die Marktteilnehmer, sich endlich an die „Spielregeln“ zu halten.

Schon länger sollte bekannt sein, dass die Qualität der Übungsleiter eine große Rolle für die verantwortungsvolle Durchführung des EMS-Training spielt. EMS-Training ermöglicht ein Training trotz eingeschränkter orthopädischer und kardiologischer Belastbarkeit. Insgesamt erfordert die Trainingsform EMS daher hohe Qualifikationen der Übungsleiter.

Hohe Anforderungen an Trainerausbildung

Dem Trainierenden muss, sofern noch nicht vorhanden, mithilfe des Trainings zunächst einmal ein eigenes Körpergefühl vermittelt werden, um Belastungen selbst einschätzen zu können. Der Tatsache geschuldet, dass die Belastung neben der Kompetenz des Trainers anhand des subjektiven Belastungsempfindens des Trainierenden gesteuert wird, ist das eigene Körpergefühl in Kombination mit der Fähigkeit, körperliche Belastungen einschätzen zu können, unabdingbar für die Durchführung eines intensiven EMS-Trainings. Der Trainer muss dieses Körpergefühl vermitteln können und die Trainingsparameter speziell an den Trainierenden anpassen. Eine qualitative Ausbildung des Personals muss die Grundlage sein, um Trainingseinheiten mit EMS anbieten zu können.

Gesetzgeber reagiert auf Schadenfälle

An dieser Stelle möchten wir noch einmal auf die Wichtigkeit und Qualität des Personals zu sprechen kommen. Leider hat es im Markt in den letzten Jahren eine Häufung von Schadenfällen gegeben, sodass der Gesetzgeber eingreifen musste. Viele Unfälle passieren durch eine Überlastung bei unangemessenen hohen Stromzuständen. Nach wie vor gilt am Markt das Motto: je mehr, desto effektiver und besser. Wenn man dann noch beobachtet, dass auch Zusatzgewichte dazu genommen werden, muss man sich nicht wundern, dass Schäden zunehmen.

Wie der Muskel auf EMS reagiert

Man sollte die Muskelmechanismen kennen, um sie optimal anzuwenden: Bei einer willentlichen Muskelkontraktion werden die motorischen Einheiten innerhalb des Gesamtmuskels in einer bestimmten Reihenfolge angesteuert und aktiviert. So werden zuerst die kleinen und danach die großen motorischen Einheiten aktiviert. Bei niedrigen Belastungen aktiviert der Muskel zuerst die slowtwitch Muskelfasern. Mit zunehmendem Krafteinsatz werden mehr fasttwitch Fasern hinzugeschaltet. Bei einem EMS-Training wird dieser normale physiologische Ablauf außer Kraft gesetzt und alle motorischen Einheiten werden nahezu parallel aktiviert.

Schnellere Ermüdung

Da durch das EMS-Training alle Fasern gleichzeitig aktiviert werden, kommt es auch zu einer schnelleren muskulären Ermüdung. Dazu erleidet die Muskulatur einen höheren neuromuskulären und metabolischen „Stress“. Selbst bei geringer Stimulation kommt es zu einer Erhöhung der Sauerstoffaufnahme. Zum Vergleich mit dem Krafttraining, wo man zwei bis drei Muskelgruppen intensiv belastet, sehen wir beim EMS-Training eine simultane Stimulation und maximale Aktivierung der Muskulatur. Somit fällt auch die muskuläre Überlastung und Schädigung sehr viel höher aus.

Weitere Regulierungen drohen

Es ist schlimm, dass alle Warnungen im Markt bisher verpuffen. Zertifizierungsangebote werden sehr spärlich angenommen. Dazu werden noch Geschäftsmodelle etabliert, wie EMSGruppenfitness oder EMS für zu Hause, wo gar keine Betreuung gewährleitet ist. Durch große Unvernunft werden Schadenfälle zunehmen und der Gesetzgeber wird gezwungen, weitere Regulierungen vorzunehmen.

Neue Anforderungen ab 2023

Wir können nur regelmäßig erinnern, dass mit Frist zum 31.12.2022 alle Personen, die mit Strom am Menschen trainieren, die EMF-Fachkunde (zur Stimulation) nachweisen müssen. Mit der Umsetzung dieser Anforderung wird die Qualität der Übungsleiter*innen im EMS-Markt erheblich erhöht. Denn nicht nur die Fachkunde an sich ist nachzuweisen. Grundlage für den Erwerb der Fachkunde ist nämlich der Nachweis einer Übungsleiter-Lizenz bzw. Grundausbildung von mindestens 120 Lerneinheiten. Nur die Paarung aus dem Nachweis der Vorausbildung und der EMF Fachkunde (zur Stimulation) ermöglicht die Personenzertifizierung gemäß DIN EN ISO/IEC 17024:2012, die ab dem 31.12.2022 nachzuweisen ist.

Die Betreiber*innen sowie Trainer*innen sollten ernsthaft in die Planung gehen, um zum Ende des Jahres die Anforderungen an ein gesetzeskonformes und verantwortungsbewusstes EMS-Training zu erfüllen. Wenn nicht, könnte dies das Aus für den gewerblichen, nicht medizinischen EMS-Sektor bedeuten. Der Einsatz von Geräten wird durch das Medizinproduktegesetz festgelegt. Damit gibt es klare Vorgaben, welche Geräte überhaupt für das EMS-Training zugelassen werden. Die Anwender sollten mehr auf die prophylaktischen und therapeutischen Möglichkeiten des EMS-Trainings setzen.

Bild: ©Shutterstock.com_572416057_InnerVisionPRO


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